Artikel gepostet am 3 September 2015 16:39 durch Matthijs van Rozen
Darlehen fällig durch Ausgabe von Gesellschaftsanteilen an Dritte
Eine Änderung der Verfügungsgewalt als Fälligkeitsgrund eines Darlehens kann sich auf vielerlei Art und Weise ergeben, auch in einer Situation, die nicht direkt im Vertrag genannt ist. Ein wichtiger Teil eines Darlehensvertrages ist das Datum der Zurückzahlung. Ergänzend werden oft besondere Umstände beschrieben, in denen ein Darlehen unmittelbar und vollständig fällig ist.
Bei einer Gesellschaft formen meist die Einnahmen eine wichtige Grundlage für die Zurückbezahlung des Darlehens. Im Darlehensvertrag kann bestimmt werden, dass das Darlehen fällig wird, wenn sich die Verfügungsgewalt über die Gesellschaft ändert. Eine solche Änderung der Verfügungsgewalt oder auch „change of control“, kann sich auf diverse Arten ergeben. In diesem Blog wird ein Urteil behandelt, in dem diese Diskussion zentral stand.
Darlehen fällig beim Verkauf des Unternehmens
Ein Verkäufer verkauft Gesellschaftsanteile einer B.V. (vgl. GmbH) und Forderungen an einen Käufer. Dieser Betrag wird nicht gezahlt. Die Forderung ist nach dem Wortlaut des Vertrages fällig, „wenn das Unternehmen der Schuldner-juristischen Person oder einer ihrer Tochtergesellschaften ganz oder teilweise verkauft oder geteilt wird“. Das Darlehen wird also bei einer Änderung der Kontrolle über das Unternehmen zur Zahlung fällig.
Beim Abschluss des Kaufvertrages erhielt der Käufer 100% der Gesellschaftsanteile in einer (Enkel)Tochter des Unternehmens. Durch eine Ausgabe von Gesellschaftsanteilen an Dritte sank dieses Interesse auf 40%. Diese Situation wurde im Darlehen nicht beschrieben. Zwischen dem Käufer und dem Verkäufer entstand daraufhin die Streitigkeit, ob dies zu einer verfrühten Fälligkeit des Darlehens führt.
Urteil: Darlehen durch Verkäufer zu Recht fällig gestellt
Das Gericht wendet den sogenannten „Haviltext Maßstab“ an: neben dem wörtlichen Text eines Vertrages, sind auch die Erwartungen der Parteien bei der Interpretation eines Vertrages relevant. Nach Ansicht des Gerichts ist von Interesse, dass bei Abschluss der Übernahme der Gesellschaftsanteile von einer vollständigen Kontrolle der (Enkel)Tochter die Rede war. Die Zurückzahlung des Darlehens sollte auch aus den Unternehmensgewinnen der (Enkel)Tochter stattfinden. Durch die Ausgabe der Gesellschaftsanteile stehen diese dem Käufer nicht mehr vollständig zu. Damit hat der Verkäufer ein Interesse an der direkten Fälligkeit. Die Tatsache, dass die Tochtergesellschaft es finanzielle schwierig hatte, machte dies nicht anders. Der Verkäufer hat nach Ansicht des Gerichts das Darlehen zu Recht fällig gestellt.
Deutliche Fälligkeitsbestimmungen wünschenswert
Der Vertrag nannte einige mögliche Änderungen der Verfügungsgewalt, aber nicht alle. Dies führte zu einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung. Das Gericht prüft in seinem Urteil, ob eine Änderung der Verfügungsgewalt stattfand, nicht nur die Weise der Änderung. Vielleicht wäre es besser gewesen, im Vertrag zu bestimmen, dass jeden Änderung der Kontrolle zu einer Fälligkeit des Darlehens führt.
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